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23 Aug 2021
Berlin(ots) - Berliner Unternehmen analysiert Direktmandate und Zweitstimmen gemeinsam. Erfolg der CDU in NRW verhindert Laschets Einzug über Landesliste.
Bundestag wird so groß wie noch nie
Ein Drittel der MdBs hat keine Bundestagserfahrung
Kaum mehr als 20 Prozent Frauen in der Unions-Fraktion
Rund 20 stark umkämpfte "Swing-Wahlkreise"
Bundesländer und Städte individuell auswertbar
Jeder Wahlkreis mit Prognose ausgestattet
Armin Laschet (CDU) wird kein Mitglied des nächsten Deutschen Bundestags. Dies ergibt eine Prognose des Berliner Beratungsunternehmen Johanssen + Kretschmer, das erstmalig Wahlumfragen zu Erst- und Zweitstimmen zusammengeführt und verglichen hat. Die Prognose kann Aussagen zu jedem der 299 Wahlkreise treffen, die Größe des Bundestages einschätzen und Koalitionsszenarien projizieren. Neben neuen Erkenntnissen zu Geschlechterverteilung, Altersstruktur und Neuankömmlingen, ist es vor allem der Blick auf bekannte Namen, der diese Analyse so spannend macht.
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet wird die Wahl zum Abgeordneten verfehlen. Denn nach aktueller Prognose gewinnt die CDU in Nordrhein-Westfalen 37 der 64 Wahlkreise. Damit wird die CDU-Landesliste nicht zum Tragen kommen. Armin Laschet hat auf ein Direktmandat verzichtet und verlässt sich auf Listenplatz 1 der NRW-Liste - der aktuell wertlos ist. Darf die Union den Kanzler stellen, so wäre Laschet der zweite Bundeskanzler (und der erste Kanzlerkandidat der Union) ohne Bundestagsmandat (Kurt-Georg Kiesinger 1966 übernahm die Kanzlerschaft während der laufenden Legislaturperiode ohne Mandat). Im Gegensatz zu vielen Landesverfassungen sieht das Grundgesetz nicht vor, dass KanzlerInnen dem Bundestag angehören müssen. Einer Kanzlerschaft von Laschet würde somit zwar nichts - außer dem Wahlausgang - im Wege stehen; einen Oppositionsführer Laschet wird es jedoch nicht geben.
Der 20. Bundestag wird größer denn je
Dem neuen Bundestag werden voraussichtlich 769 Abgeordnete angehören: 60 Mandate mehr als dem aktuellen Parlament (das bereits Rekordgröße hat). Der Grund für das Anwachsen des Bundestags liegt im großen Ungleichgewicht zwischen den Erst- und Zweitstimmen für die Union. Die derzeit stärkste Fraktion CDU/CSU gewinnt zwar nur ca. 25 Prozent der Zweitstimmen, dafür aber 206 Direktmandate (68,9 Prozent). Diese Diskrepanz sorgt für eine beachtliche Anzahl an Überhangmandaten. Diese werden durch Ausgleichsmandate für die übrigen Fraktionen wiederum kompensiert.
Ein Drittel der MdBs hat keine Bundestagserfahrung
Mit der neuen Legislaturperiode werden zukünftig 264 Newcomer an den Parlamentssitzungen teilnehmen. Von ihnen stellt die Fraktion der Grünen den größten Anteil: Mit gut 58 Prozent der neuen Abgeordneten wird die Mehrheit der Fraktion keine Bundestagserfahrung besitzen; bei der Union ist es nur ein Viertel. Sonderfälle der Prognose sind die SPD und FDP, bei denen die Fraktionsgröße entscheidend ist. Bei gleichbleibender Fraktionsgröße würde sich die FDP-Besetzung kaum ändern. Die SPD hat einige erfahrene PolitikerInnen mit einem schlechteren Listenplatz ausgestattet, so dass bei schlechterem Wahlergebnis der Anteil der Neulinge steigt.
Geschlechterverhältnis Bundestag
Dem neuen Bundestag werden voraussichtlich 265 Frauen und 504 Männer angehören. Das entspricht einem Frauenanteil von 34,5% und somit einer Steigerung um gut 3 Prozentpunkte im Vergleich zur aktuellen Zusammensetzung. Es wird der zweithöchste Wert nach der Legislaturperiode 2013-2017 sein und doch immer noch kaum mehr als ein Drittel. Es besteht nach wie vor Steigerungsbedarf.
90 Wahlkreise sind umkämpft
Mit der bemerkenswerten Aufholjagd von SPD und Grünen sind einige Wahlkreise nicht mehr in sicher geglaubter Hand der Union. Oft entscheiden nur wenige Stimmen über einen Einzug in den Bundestag - oder die Wahlniederlage. 90 Wahlkreise sind umkämpft, davon ist der Ausgang bei ca. 50 Wahlkreisen völlig offen. Die Liste dieser Wahlkreise ist auf jk-kom.de einsehbar.
Weiterhin große Diskrepanz zwischen ErstwählerInnen und MdBs
Der 20. Bundestag wird sich im Vergleich zum jetzigen (49,4 Jahre) um etwa zwei Jahre verjüngen. Dabei liegen die Grünen-Abgeordneten mit 43,2 Jahren deutlich unter dem künftigen Altersdurchschnitt von 47,5 Jahren; die der AfD mit 51,5 Jahren deutlich darüber. 58 der neuen Abgeordneten werden unter 30 Jahre alt sein.
Methodik und Quellen
Die Ergebnisse sind eine Trendprognose basierend auf drei Datenquellen:
Der Index der Agentur für Meinungsforschung pollytix, in den alle aktuellen Umfragen gewichtet einfließen und so zu einem Mittelwert zusammengezogen werden. Dieser Index zeigt eine deutlich stabilere Entwicklung als die einzelnen Umfrageinstitute. Diese Wahlprognose ist die Grundlage, um die Größe des Bundestags zu ermitteln. Mittels einer mittleren Abweichung letztmaliger Wahlergebnisse wird für jedes Bundesland eine Prognose abgeleitet.
Die Analysen von Wahlkreisprognose.de und Election.de hinsichtlich der Verteilung der Direktwahlkreise. Diese verwenden sehr unterschiedliche Methoden. Während Wahlkreisprognose.de mit einem Befragungspanel arbeitet, besitzt election.de einen eigenen Algorithmus basierend auf Umfragedaten. In 250 der 299 Wahlkreise kommen beide Ansätze zum gleichen Ergebnis, insgesamt 209 Wahlkreise weisen dabei einen deutlichen oder sehr deutlichen Wahlausgang auf. Damit können diese Wahlkreise als entschieden betrachtet werden - sofern es nicht noch zu einem massiven Swing in den Umfragen kommt.
Von diesen Wahlkreisen entfallen 124 Wahlkreise auf CDU, 39 auf die CSU, 39 auf die SPD, 4 auf Grüne, 2 auf die Linkspartei und einer auf die AfD. Es verbleiben 90 Wahlkreise mit einem knappen Ausgang. Davon werden 49 von den beiden Plattformen unterschiedlich vorhergesagt, in diesen Wahlkreisen wurde die lokale Ausgangslage individuell betrachtet und ein spezifisches Wahlkreisergebnis ermittelt.
Diese Prognose wurde von keinem Unternehmen, Verband oder einer anderen Organisation in Auftrag gegeben oder anderweitig fremdfinanziert.
Quelle-Archivfoto: Johanssen + Kretschmer Strategische Beratung GmbH/MGB